Social Media Guideline – Entwicklung + Studie + Strategie + Best Practice

Framework für Social Media Guidelines

Als forschungsstarker Lehrstuhl im Bereich Social Media Marketing mit einem hohen Praxisbezug, ermittelt die Uni Bamberg immer wieder sehr interessante Studienergebnisse, die auch außerhalb der akademischen Welt Anklang finden.

Die aktuelle Publikation der Universität Bamberg zum Thema „Social Media Guidelines“ erscheint nun in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift „Marketing Review St. Gallen“. Auf Basis zweier Studien wurde hier (1) ein idealtypisches Framework zur Einführung und Implementierung von Social Media Guidelines entwickelt. Dieses zeigt auf, wie Unternehmen schrittweise und systematisch vorgehen sollten, wenn Guidelines eingeführt werden. Außerdem wurde (2) eine Inhaltsanalyse von Guidelines durchgeführt. Dies dient so dem Überblick über den aktuellen Einsatz in der Praxis.

Einleitung

Mit Social Media ist aus Unternehmenssicht die Gefahr gewachsen, dass Mitarbeiter (meist unbewusst) ungewollte Informationen verbreiten. Um sie zu sensibilisieren, eignen sich Social Media Guidelines. Ansätze bei der Realisierung ebenso wie theoretische und praktische Implikationen zeigen zwei qualitative Studien von Philipp A. Rauschnabel, Kirsten Mrkwicka, Verena Koch und Björn S. Ivens.

Risiken von Social Media

Das Social Media sehr viele positive Facetten und Effekte in den verschiedenen Unternehmensbereichen wie Vertrieb, Marketing, PR, HR, Entwicklung, Service, etc. hat, belegen wir mit der Best Practice-Sammlung auf Pinterest. Auf der anderen Seite gibt es allerdings genauso auch Risiken, die beim Einsatz von Social Media OHNE Handreichungen für die Mitarbeiter = Guidelines entstehen können. Umso verwunderlicher ist es, dass bis dato kaum fundierte Studien zu Social-Media- Guidelines existieren und Praktiker noch immer ein mangelndes Know-how beklagen (BITKOM 2012; Raysman 2012; Lelley und Fuchs 2010). Definierte Handlungsempfehlungen für die Mitarbeiter sollen dann dabei helfen, ein richtiges Verhalten in den (digitalen) Medien zu zeigen. Darum hat die Universität Bamberg rund um das Team von Philipp A. Rauschnabel sich diesem Thema gewidmet und folgende Thesen beleuchtet:

  • Kernthese 1: Social Media betreffen jedes Unternehmen: Soziale Medien am Arbeitsplatz sind Realität.
  • Kernthese 2: Die Nutzung von Social Media durch die eigenen Mitarbeiter birgt eine Menge Chancen und Risiken.
  • Kernthese 3: Social Media Guidelines können dabei helfen, die Chancen zu nutzen und die Risiken zu minimieren.
  • Kernthese 4: Die Erstellung von Social Media Guidelines ist schwierig und setzt strategisches sowie inter- disziplinäres Wissen voraus.

1. Studie  – Guideline Framework

Für die Beantwortung der Forschungsfragen wurden zwei empirische Studien durchgeführt: In Studie 1 wurden qualitative Interviews mit zwölf Experten verschiedener Branchen und Fachrichtungen durchgeführt. Das Ergebnis dieser Studie ist ein generelles und branchenunabhängiges Framework zur Entwicklung und Implementierung von Guidelines. In Studie 2 werden 50 Guidelines von Unternehmen verschiedener Branchen und Größen einer systematischen Inhaltsanalyse unterzogen. Die Ergebnisse sind eine Bestandsaufnahme von Guidelines und die Identifikation dreier Guideline-Prototypen. Sie helfen Praktikern bei der Guideline-Erstellung und setzen den Grundstein für weitere Forschung in diesem Bereich.

Social Media Guideline Framework

Nachfolgend der idealtypische Prozess (Framework) zur Erstellung von Social Media Guidelines:

Framework für Social Media Guidelines

Schritte zum Aufbau der eigenen Unternehmensguidelines

(Die wichtigsten vier Schritte, siehe Abbildung oben, in roter Farbe.)

1. Step – Projektteam

Zu Beginn des Prozesses gilt es, zunächst ein Projektteam zur Erstellung der Guidelines zu bilden. Da die Richtlinien das gesamte Unternehmen betreffen, sollten Mitarbeiter unterschiedlicher Abteilungen und Hierarchiestufen in den Entwicklungsprozess involviert werden und aktiv mitwirken. Personen aus der IT, HR, Recht, als auch der Führungsetage, als auch rechtzeitig der Betriebsrat für die Akzeptanz der Mitarbeiter. Sehr hilfreich und zielführend kann hier die Unterstützung und Moderation externer Berater sinnvoll sein.

2. Step – Rahmenanalyse der Guidelines

Das Projektteam muss zunächst den Rahmen für die Guidelines analysie- ren. Die Grundlage sollten existierende Regularien im Unternehmen eben- so wie das Online-Nutzungsverhalten sowie die Wünsche der Mitarbeiter bilden. Ein hilfreicher Tipp, kann der Benchmark mit ähnlichen / branchengleichen Unternehmen sein.

3. Step – Zieldefinition

Nach SMART-Regel, durch externe Beratung, etc., genauso können Ziel defensiv (Vermeidung von Fehlern) oder offensiv (Realisierung positiver Effekt) sein.

4. Step – Erstellung und Anpassung der Guidelines

HIer geht es um die konkrete Erstellung erster Guidelines und Abstimmung mit u.a. der Geschäftsleitung. Ein gutes Beispiel und Ideengeber ist das Video von Tchibo „Herr Bohne geht ins Netz“.

 5. Step – Guideline Inhalte

Ein besonderes Augenmerk sollte auf den Inhalt der Guidelines gelegt werden. Einleitend sollten sie erläutern, was soziale Medien sind, warum der richtige Umgang mit ihnen wichtig ist und was das Ziel der Guidelines ist. Die Kerninhalte von Guidelines lassen sich in restriktive und sensibilisierende Inhalte teilen. Hierzu gibt es bereits sehr gute Sammlungen, die einem ein gutes Gefühl für die eigenen Regeln geben.

6. Abstimmung und Freigabe

Sobald die Guidelines durch das Projektteam entwickelt wurden, erfolgt nun der Freigabeprozess durch die Stakeholder. Dies hilft später auch bei der Implementierung und Akzeptanz aller Interessensgruppen. Ebenfalls erhält man hierdurch nochmals ein Feedback, „unparteiischer Dritter“, die mit den Social Medias eventuell noch nicht so konfirm sind und beseitigt dadurch letzte Verständnisfragen.

7. Implementierung

Ziel bei der Einführung sollte es u.a. sein, dass 100% aller Mitarbeiter die Social Media Guidelines kennen. Hilfreich kann hierbei eine Art „Social Media Postkarte“ sein, welche nochmals in 10. Punkten die Guidelines in Kurzform enthält und z.B. an den Monitor gepinnt werden kann.

8. Kontrolle und stetige Anpassung

Nach der Implementierung, muss im Nachgang die Wirkung der Guidelines kontrolliert werden. Schlagen die Regeln an, oder werden die Regeln umgangen? Sind bspw. für bestimmte Unternehmensbereiche weitere konkrete Anpassungen notwendig?

Beispiel aus unserer eigenen Erfahrung: Im Lager werden in der Nachtschicht mit den Gabelstaplern Rennen gefahren und diese auf YouTube mit deutlicher Firmenerkennung hochgeladen. Dann sollte in der Guideline eigens dafür ein Abschnitt á la – „Wenn ihr schon im Lager mit den Gabelstaplern Rennen fahrt und dies mit euren Smartphones aufnehmt, dann ladet diese Bitte nicht auf YouTube o.a. Social Media Networks hoch.“

2. Studie – Inhaltliche Analyse der Guidelines

Die zitierten Ergebnisse:

„Ein Großteil der Guidelines enthält eine Einleitung (66 %), die über die Gründe (66 %), Ziele (64 %) und den Nutzen (50 %) des betrieblichen Ein- satzes von Social Media aufklärt. Als Hauptziele der Guidelines lassen sich die Sensibilisierung (90 %) und Kompetenzsteigerung der Mitarbeiter im Umgang mit Social Media (82 %) ausmachen. Weitere wichtige Ziele sind die Erhöhung von Transparenz (88 %) und Authentizität (90 %) in der Un- ternehmenskommunikation. Die Qualitätssteigerung der Beiträge in Social Media definieren nur 36 % der analysierten Guidelines als Ziel. Alle analy- sierten Guidelines beinhalten konkrete Hinweise und Empfehlungen zum angemessenen Verhalten in Social Media. Als besonders wichtig erachten fast alle Arbeitgeber außerdem Tugenden wie Ehrlichkeit (96 %) und Res- pekt (90 %). Zudem fordert ein Großteil seine Mitarbeiter auf, die eigene Identität (88 %) immer transparent zu machen: „Es ist ein großer Unter- schied, ob man sich ,im Namen von‘ Roche äußert (z. B. als offizieller Me- diensprecher) oder ob man sich ,über‘ Roche äußert bzw. über unsere Pro- dukte oder Geschäftspartner“ (Roche 2010). Als Beispiel für die Kennzeich- nung von Beiträgen eignet sich die Vorlage der OTTO Group (2010): „Die Postings auf dieser Site sind meine persönliche Meinung und repräsentie- ren nicht die Positionen, Strategien oder Meinung von OTTO oder der Otto Group.“

86 % der untersuchten Guidelines enthalten auch konkrete Hinweise zu den Inhalten, die Mitarbeiter in Social Media kommunizieren sollen und dürfen. Rund drei Viertel dieser Unternehmen wünschen sich explizite Bot- schaften mit Bezug auf die eigene Tätigkeit, das Unternehmen als Arbeitge- ber und/oder in Bezug auf die Marken. Was den betrieblichen und rechtli- chen Rahmen betrifft, so verweisen nur rund ein Drittel der Guidelines auf Corporate Design Guidelines (42 %), Markenrecht (38 %) oder den Arbeits- vertrag (38 %). Deutlich häufiger angemahnt werden die Einhaltung des Ur- heberrechts (86 %), des Datenschutzes (70 %), der Betriebsgeheimnisse (74%) und die Informationsweitergabe an externe Stakeholder (82 %). Mit Sanktionen drohen Unternehmen allerdings nur in einem Fünftel der un- tersuchten Guidelines. Beim Format lässt sich feststellen, dass 39 der 50 Gui- delines in Textform und lediglich 22 % als Präsentation vorliegen. Drei Vier- tel der Unternehmen informieren zusätzlich immerhin auch in anderen Me- dien, wie z. B. in Blogs (42 %), auf Unternehmenswebsites (26 %) oder in Videoclips (8%). Die Mitarbeiter als Hauptzielgruppe werden in 74 % der Guidelines direkt angesprochen (42 % mit „Sie“ und 32 % mit „Du“).“

Handlungsempfehlungen und Diskussion

Handlungsempfehlungen

Social Media und der Umgang mit ihnen betreffen alle Unternehmen unabhängig von ihrem Aktivitätsniveau. Kernstück einer erfolgreichen Realisierung von Social-Media-Marketing sind Guidelines, indem sie die Mitarbeiter zum Mitmachen motivieren, sie aber gleichzeitig auch sensibilisieren.

  1. Sensibilisieren Sie Ihre Mitarbeiter. Dazu gehören neben den Führungskräfte genauso die Mitarbeiter, Azubis, Ferienarbeiter und Praktikanten. Dies sollte gegebenenfalls auf die Themenbereiche abgestimmt sein, damit hier ein Mehrwert und Selbsterkenntnis entsteht. Mitarbeiter die direkt mit den Medien zu tun haben, sollten sicherlich ein tiefergehendes Training erhalten. (Social Media Coaching)
  2. Erstellen Sie Social Media Guidelines. Selbst wenn Sie (vorerst) keine Social Media Strategie implementieren bzw. Social Medias nutzen möchten. In Ihrem Unternehmen werden sich so oder so einige affine Personen befinden, die mit Ihrem Smartphone unterwegs sind und (privat) in Social Networks unterwegs sind. Legen Sie für diese Personen Rahmenbedingungen fest, ohne Ihnen die Lust an den digitalen Medien sehr zu beschränken.
  3. Unterstützend sollte intern ein Exptern-/Social Media Team aus den verschiedenen Unternehmensbereichen Marketing, HR, IT, Servive, Vertrieb, etc. zusammengestellt werden. Ggf. auch Vertreter aus dem Betriebsrat. Ebenfalls sind sogenannte Ambassadors, also motivierte Mitarbeiter, welche den Nutzen und Spirit von Social Media an (kritische) Mitarbeiter weitergeben.
  4. Die Guidelines sollten kurz, prägnant und einfach geschrieben sein (KISS-Prinzip). Verzichten Sie also auf unnötige Fremdwörter bzw. erklären Sie die verschiedenen Begrifflichkeiten rund um Social Media und machen Sie klar das „Social“ nicht gleich „Sozial“ ist. Verweisen Sie auf weiterführende Dokumente wenn es zu umfangreich werden sollte, dass schreckt sonst ab. Unterziehen Sie die Guidelines einem kleinen Pre-Test mit 2-3 unerfahrenen Mitarbeitern, für ein ehrliches Feedback zum Verständnis.
  5. Sobald die Guidelines stehen, sollten Sie diese im gesamten Unternhemen bekannt machen. Nutzen Sie dafür ebenfalls die verschiedensten Medien und Informationsankündigungsplattformen: Intranet, Schwarzes Brett, Firmenzeitschrift, Unternehmensnewsletter, internen Blog, Flurfunk, .. Jeder Mitarbeiter sollte schließlich über die Social Media Guidelines informiert sein und wissen wo er ggf. weitere Informationen und Hilfe findet. Neue Mitarbeiter erhalten die Guidelines z.B. direkt mit Ihrem Arbeitsvertrag.
  6. Einmal definierte Regelungen sind jedoch nicht starr, sondern sollten mit der Zeit weiterentwickelt und ergänzt werden. (Siehe Punkt 8: Kontrolle & Anpassung)
  7. Gerade bei internationalen Unternehmen, empfiehlt sich eine konsistente Regelung, allerdings ergänzt um landesspezifische Gepflogen- und rechtliche Gegebenheiten.
  8. Neben dem Social Media Team (s. Punkt 3.) sollte eine Personal „Head of Social Media“ definiert werden, die als erste Anlaufstelle für Fragen rund um das Thema im Unternehmen steht. Diverse Kontaktmöglichkeiten sollten am Ende der Guidelines aufgeführt werden. Im Speziellen sollte diese Person schnelle Kontaktwege und besondere Freiheiten haben, damit es sich schnell um Fragen der Mitarbeiter aber auch der Meinungen, Fragen, Kritik, .. von Kunden, in den Social Networks, annehmen kann.

Kritisch anzumerken ist allerdings, dass diese Studie nur eine deskriptive Momentaufnahme der aktuellen Situation im deutschsprachigen Raum darstellt. Weitere Studien sind notwendig, um zu zeigen, welche Inhalte und Implementierungsstrategien bei welchen Organisationsformen – bspw. bei NGOs – besonders erfolgversprechend sind.

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Quellen:

Über den Autor 

Markus Besch ist Vorstand der NextDBI AG - Digital Business Institute und Begründer des SocialMedia Institute mit Hauptsitz in Stuttgart.
Sein persönlicher Fokus gilt dem Thema Social Media Strategie, den Social Business Networks LinkedIn und Twitter, sowie der Bereich Tools.

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