Interview Jan Tissler – Texterstellung

Interview

In unserem Interview mit Jan Tissler geht es um 5 Wege der Texterstellung mit dem Fokus auf eine sich weiter entwickelnde KI, die selbstständig Content produzieren kann. Foto: Pexels

Das SocialMedia Institute hat sich in dieser Woche mit dem Thema Texterstellung auseinandergesetzt und den passenden Beitrag bei unserem Partner Upload Magazin entdeckt. Vor diesem Hintergrund haben wir mit Autor Jan Tissler ein Interview geführt. Im Interview haben wir den Fokus auf die Umsetzung der Texterstellung durch Maschinen gelegt, da dieses Thema auch in Zukunft immer wichtiger werden wird.

 
Jan, Du sprichst automatisierte Texte an – kannst Du da ein konkretes Beispiel aufzeigen, womit Du möglicherweise bereits Erfahrungen gesammelt hast? AX Semantics hast Du kurz in Deinem Beitrag angeschnitten. Beispielsweise habe ich vor ein paar Tagen von „Jasper“ gehört – eine KI, mit deren Hilfe man Texte einfacher erstellen kann.
 
Jasper kenne ich persönlich nicht, aber es gibt etliche Tools dieser Art, die oftmals „GPT-3“ von OpenAI nutzen. Siehe dazu diesen Artikel, der auch einige Beispiele auflistet. Ein Angebot, das ich ausprobiert habe, ist Neuraltext. Das liefert Dir Ergebnisse in unterschiedlichster Form: eine Liste mit Themenideen, eine mögliche Gliederung für einen Blogpost oder einen automatisch vervollständigten Absatz.
 
Wie gut die Ergebnisse sind, schwankt sehr mit dem Thema. Denn eine solche KI versteht ja nicht, was sie tut. Sie hat eine große Zahl an Inhalten verarbeitet, erkennt bestimmte Muster und entwickelt daraus Varianten. Für so eine KI ist auch ein Text im Grunde eine mathematische Aufgabe. Wobei Du eine Fachperson fragen solltest, wenn Du an den Details interessiert bist. Für mich geht es in erster Linie darum, inwiefern mir solche Werkzeuge bei meiner Arbeit helfen.
 
Ich habe das vor allem genutzt, um meine eigene Kreativität anregen zu lassen. Im Grunde genommen ein Brainstorming mit einem Maschinenpartner. Dafür finde ich es gut. 
Maschine

Der Content Writer sollte die KI eher als Unterstützung und nicht als Bedrohung ansehen. Bis Maschinen so gut schreiben wie Menschen wird es noch sehr lange dauern und womöglich ist das nie vollständig umsetzbar. Foto: Pexels

 
Andere Angebote wie das genannte AX Semantics bieten an, aus strukturierten Daten Texte zu erstellen. Das Thema ist an sich gar nicht so neu, aber die Werkzeuge werden leistungsfähiger. Strukturierte Daten können zum Beispiel Produkteigenschaften sein, Ergebnisse eines Fußballspiels oder Quartalsberichte von Unternehmen. 2014 habe ich über einen Reporter in Los Angeles geschrieben, der sich eine Automatik programmiert hat, die ihm bei einem Erdbeben einen ersten Wurf für eine Meldung schreibt.

 

Inwiefern glaubst Du, dass diese KI’s sich in Zukunft noch verbessern werden – denkst Du, dass sie Texter irgendwann einmal „einholen“ oder sogar überholen?

Je nach Aufgabenstellung und Qualitätsanspruch sind KIs heutzutage bereits erstaunlich gut. Das stimmt vor allem bei den eben schon genannten „strukturierten Daten“ und bei Texten, die ein vorhersehbares Format haben. Ich sehe KI da momentan aber nicht als Konkurrenz für menschliche Texter:innen, sondern als Ergänzung: Es wäre für einen Onlineshop beispielsweise kaum finanzierbar, tausende von Produkten durch Menschen beschreiben zu lassen.
 
Eine KI erledigt das auf Knopfdruck. Ebenso denke ich an meine Zeit bei der Lokalzeitung zurück: Nur einige wenige Sportergebnisse gab es in Textform. Heute könnte man die wichtigen Spiele vom Reporter schreiben lassen und den Rest automatisch generieren. Das ist dann natürlich eine rein sachliche Beschreibung der Ereignisse, denn die Maschine war ja nicht dabei, hat mit niemandem gesprochen und hat keine persönliche Meinung.
KI

Eine Künstliche Intelligenz bewertet Sachverhalte logisch – Emotionen bleiben dabei außen vor. Foto: Pexels

 
Roboter nehmen uns Menschen idealerweise langweilige, mechanische Arbeiten ab. Und die gibt es auch beim Schreiben.
 
Spannend finde ich daneben die Fragestellung: Welche Inhalte werden wir in Zukunft sehen, die nur durch eine KI möglich werden? Welche Art von Texten kannst du erstellen, wenn du eine Automatik zur Hand hast? 
 
Zugleich bin ich überzeugt, dass es viele Felder gibt, in denen wir als Leser:innen wissen möchten, von wem ein Inhalt stammt und was diese Person qualifiziert. Insofern ist mein Ratschlag, bereits jetzt verstärkt auf Persönlichkeiten bei Inhalten zu setzen: Es sollte sichtbar sein, von wem Beiträge stammen. Bei Themen wie Finanzen und Medizin sieht auch Google das heute schon als Qualitätskriterium an.
 
Und meinen Kolleg:innen in der Textbranche kann ich nur raten, sich auf ein Themengebiet zu spezialisieren (oder einige wenige) und sich dort als Fachperson zu qualifizieren. Wer heute davon lebt, mehr oder weniger austauschbare Texte zu etlichen Themen zu schreiben, wird es in Zukunft noch schwerer haben.
 
Übrigens hat Google gerade dieser Tage verlauten lassen, dass sie KI-Texte als Spam ansehen. Das ist ein weiteres Argument, um bei wichtigen Inhalten auf entsprechend qualifizierte und trainierte Autor:innen zu setzen. Es scheint allerdings nicht ganz klar, wie Google automatisch generierte Texte erkennen will. Aber so wie man KI-Bilder meist noch anhand bestimmter Artefakte und Muster erkennen kann, gelingt das vielleicht auch bei Texten. 

 

Denkst Du, es ist möglich, dass Roboter in Zukunft Emotionen (eben auch Stilmittel wie Sarkasmus und Witz) besser in Texte einfließen lassen können?
 
Gute Frage. Ich könnte mir vorstellen, dass eine KI das simulieren kann. Aber es wird sicher in vielen Fällen vollkommen daneben gehen. Und am Ende des Tages stellt sich die Frage: Wie empfinden die Leser:innen das? Am Anfang wird das vielleicht gut ankommen, weil es etwas Neues ist. Aber das wird sich mit der Zeit abnutzen.
 
Es gibt ja auch KI-Anwendungen, die Bilder, Illustrationen oder gar Gemälde anfertigen. Du kannst das Thema festlegen und einen Stil. Die Ergebnisse können erstaunlich gut aussehen oder zumindest überraschend. Aber hat das den gleichen Wert wie das Werk eines menschlichen Künstlers?
 
Als unschlagbar sehe ich KI allerdings beim absurden Humor an. Niemand kommt auf so verrückte und abwegige Ideen wie ein Automatismus, der keine Ahnung hat, was er da eigentlich tut …

 

Texten

Gibt es DEN einen effizienten Weg der Texterstellung? Foto: Pexels

Du sprichst am Ende des Artikels Mischformen an, aber welcher Weg ist Deiner Meinung nach der effizienteste oder gibt es da nicht direkt den Nummer-1-Weg der Texterstellung?
 

Im Artikel stelle ich ja fünf wesentliche Wege für Unternehmen vor, um an Inhalte für ihre Website zu kommen. Und mit „Mischformen“ meine ich, dass sich diese Optionen für verschiedene Situationen und Zielstellungen eignen. Insofern gibt es da keinen Favoriten. Es kommt immer darauf an, welches Budget man zur Verfügung hat und welchen Anspruch die Inhalte erfüllen müssen. 

Wie oben beschrieben, könnte ein Onlineshop die Beschreibungstexte der Produktseiten automatisch generieren lassen. Aber ein Mensch sollte das auf jeden Fall gegenlesen. Und wichtige Landingpages oder gar Blogbeiträge würde ich definitiv von einer Person schreiben lassen und nicht von einer Maschine. Manches davon macht man dann vielleicht selbst, für andere Inhalte holt man sich jemanden extern dazu.

 
Vielen Dank für das Interview, Jan!
 

Über den Autor 

Markus Besch ist Vorstand der NextDBI AG - Digital Business Institute und Begründer des SocialMedia Institute mit Hauptsitz in Stuttgart.
Sein persönlicher Fokus gilt dem Thema Social Media Strategie, den Social Business Networks LinkedIn und Twitter, sowie der Bereich Tools.

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